goj, am, mischpacha (hebr.), ethnos, laos (griech.) – Volk, Nation, Leute.

Israels Sozialstruktur weist differenzierte Bezeichnungen familialer und gesellschaftlicher Zugehörigkeit auf, für die oft angemessene deutsche Begriffe fehlen. Dazu gehört mischpacha (so etwas wie Clan), eine Größe zwischen (Groß-)Familie (Haus, Elternhaus) und Stamm. Das Wort kann jedoch namentlich im Plural auch Völker(stämme) bezeichnen (Gen 12,3). Die beiden hebr. Hauptbegriffe für Volk (am und goj) unterscheiden sich zunächst im Blick auf die Perspektive. goj meint ein Volk im Gegenüber zu anderen Völkern, am ein Volk in seiner inneren verwandtschaftlichen Zusammengehörigkeit. Ursprünglich bezeichnet am den Onkel und dann die Gruppe der miteinander verwandten bzw. verschwägerten Personen. Nur am (nicht aber goj) kann mit einem Possessivsuffix verbunden werden (z. B. mein Volk). Zugleich können am und griech. laos wie das deutsche Wort Volk auch eine Volksmenge bezeichnen, die Leute (Joh 8,2). Die Wendung am ha'arez (Volk des Landes) meint in Kön und Chr dagegen oft eine Art Oberschicht (Elite).

Die in der Innen- bzw. Außenbeziehung bestehende Differenz zwischen am und goj tritt in vielen Texten zurück; vor allem in poetischen Versen können beide Worte parallel gebraucht werden (z. B. Mi 4,1.2). Die deutsche Wiedergabe durch Völker und Nationen entspricht dem annähernd.

Vor allem in späteren Texten kann im Gebrauch der Worte am und goj eine andere Differenz markiert sein, indem am vorwiegend das Volk Israel meint (doch s. auch Jes 19,25) und goj und vor allem der Pl. gojim andere Völker (doch s. auch Gen 12,2). Die Bedeutungen der Worte laos und ethnos (Pl. ethne) im NT entsprechen denen von am und goj weithin. So bezeichnet laos im Brief an die hebräische Gemeinden konsequent das Volk Israel, die Übersetzung verdeutlicht das durch Hinzufügungen (Volk Israel; jüdisches Volk, Volk Gottes z. B. Hebr 4,9). Dagegen kann der Plural ethne (z. B. Eph 2,11) Menschen aus den Völkern bezeichnen, die zu Israels Gott finden. Die in vielen Bibelübersetzungen überwiegende Wiedergabe von gojim bzw. ethne als Heiden führt darum in die Irre, ganz gleich, ob man die Worte Heiden, heidnisch heute verächtlich, spöttisch, kritisch oder identifikatorisch verwendet. Denn gojim / ethne meint die nichtjüdischen Menschen aus den Völkern und schließt somit heute die allermeisten Christinnen und Christen ein. Der Taufbefehl am Ende des Matthäusevangeliums (Macht euch auf den Weg und lasst alle Völker mitlernen. Taucht sie ein in den Namen Gottes, Vater und Mutter für alle, des Sohnes und der heiligen Geistkraft, Mt 28,19 [↑ baptizo]) hat die Menschen aus den Völkern im Blick und liefert keine Begründung für eine christliche Judenmission. (J. E.)